Fische, die darauf warten, verspeist zu werden. Bild: KEYSTONE
«Steht MSC drauf, ist ein fair gefangener Fisch drin». Das meinen viele Konsumenten, die in der Migros oder bei Coop zum Fair-Label greifen. Jetzt wird die gemeinnützige Organisation allerdings frontal angegriffen.
MSC heisst ausgeschrieben «Marine Stewardship Council» und steht für nachhaltige Fischerei. Wer verantwortungsvoll Fisch kauft, achtet auf das Label. Es ist das bekannteste in der Fisch- und Meeresfrüchte-Branche.
Diese Woche hat die Organisation Post bekommen. Absender sind 53 Organisationen aus der ganzen Welt. Greenpeace gehört ebenso dazu wie der Verein Fair-Fish aus der Schweiz. Sie alle behaupten, MSC halte nicht das, was sie den Konsumenten verspricht. Die Vorwürfe sind happig:
Dieses Label steht auf den Fischverpackungen.
MSC zertifiziere Fischereien, die alles andere als nachhaltig ans Werk gehen. Ein Beispiel dafür sei die Atlantic Canadian Swordfish Longline Fishery. Die Fischerei generiere mehr Beifang als Fang und sei verantwortlich für über 35'000 getötete Haie und zwischen 200 und 500 getötete Schildkröten pro Jahr, heisst es im Brief. MSC hat die kanadische Fischerei im Jahr 2011 zertifiziert.
Ein Walhai schwimmt unter einem Fischernetz durch. bild: shutterstock
Eine fragwürdige Fangmethode ist der Fischfang mit Grundschleppnetzen. Solche Netze beschädigen laut den Organisationen den Meeresboden und die dort lebende Tiere. Dies aus zwei Gründen:
Auch Meeresschildkröten verfangen sich beim Fischfang in Netzen.
MSC biete Produkte aus überfischten Beständen an. Das zeige die Studie des GEOMAR Helmhotz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel (hier findest du mehr dazu). Die Studie zeigt, dass mehrere Fischbestände über der von MSC festgelegten Obergrenze befischt wurden. Dennoch sind Fische aus solchen Beständen weiterhin Träger des MSC-Siegels.
Das Geschäft mit Fischen ist ein globales Business. Bild: Lynne Sladky/AP/KEYSTONE
Die Absender des Schreibens an MSC führen in ihrem Brief vier Fischereien auf, die ihrer Meinung nach nicht nachhaltig arbeiten (1. The Atlantic Canadian Swordfish Longline Fishery, 2. Antarctic krill fisheries, 3. The NZ Orange roughy deep-sea bottom trawl fishery, 4. The Gulf of Maine lobster fishery). Die Organisationen rufen MSC dazu auf, diesen Fischereien das MSC-Label zu entziehen und keine Betriebe damit zu zertifizieren, die gewisse Standards nicht einhalten würden.
MSC-Sprecherin Andrea Harmsen sagt zu watson, das Unternehmen nehme externe Kritik ernst. Das sei gar ein wichtiger Bestandteil des MSC-Programms. Zum Thema Beifang sagt Harmsen:
Weiter müssten die zertifizierten Fischereien oder solche, die zertifiziert werden wollen, sicherstellen, dass sie ihre Massnahmen zur Minimierung unerwünschter Beifänge von gefährdeten Arten laufend verbessern und regelmässig überprüfen lassen.
Der WWF unterstützt MSC. WWF hat die Organisation mitgegründet. Bild: KEYSTONE
Zudem weist Harmsen darauf hin, dass die Fischereibewertungen nicht durch den MSC selbst, sondern durch unabhängige Dritte durchgeführt werden.
Zur Kritik, dass Langleinen- und Grundschleppnetze schlecht seien, meint Harmsen: «Eine Fangmethode, die bei Fischerei A negative Umweltfolgen hat, kann bei Fischerei B ohne negative Auswirkungen und nachhaltig sein.» MSC schliesse keine legale Fangmethode pauschal von einer Zertifizierung aus. Pauschalisierungen seien wenig hilfreich auf dem langen Weg mehr und mehr Fischereien zu einer nachhaltigen, umweltschonenden Arbeitsweise zu bewegen.
MSC wurde 1997 vom WWF mitgegründet. Der WWF unterstützt die unabhängige Organisation auch heute weiter. Zu den aktuellen Vorwürfen sagt Corina Gyssler von WWF Schweiz: «Die in der Kritik stehenden sechs Fischereien betrachtet auch der WWF als kritisch: Wir haben uns in den entsprechenden Zertifizierungsphasen kritisch eingebracht und bei den meisten der genannten Fischereien Einspruch eingelegt.» WWF betont, dass die meisten der 306 MSC-zertifizierten Fischereien vorbildlich arbeiteten.