Ihnen wird zu warm: Schüler aus der ganzen Schweiz erheben ihre Stimme für das Klima. bild: twitter/christianwilln1
Innert kürzester Zeit ist eine der grössten Schülerbewegungen unserer Zeit entstanden. Das wirft vor allem eine Frage auf: Wie ist das passiert?
«Welli Zuekunft? Oisi Zuekunft!» Die Rufe der Schülerproteste hallen nach. Kommenden Samstag, 2. Februar, sollen erneut Tausende Menschen schweizweit auf die Strassen gehen, um für das Klima zu protestieren.
Abgewickelt und koordiniert werden die Proteste von einer losen, dezentralen Organisation. In allen Ecken der Schweiz sitzen Jugendliche an ihren Handys und helfen mit. Wir haben mit einem der vielen Strippenzieher gesprochen und ihn gefragt: Wie geht das eigentlich?
«Angefangen hat alles mit Greta im August», erklärt Jonas Kampus, 17-jährig, Gymi-Schüler und Mitorganisator der Schweizer Klimastreiks, gegenüber watson. Wirklich angestachelt haben Kampus aber die riesigen Schülerstreiks in Australien. «Da dachte ich, sowas brauchen wir auch in der Schweiz», so der Schüler. Kurzerhand gründete er einen «Klima-Chat». Das war Mitte Dezember. Dann ging es Schlag auf Schlag.
Jonas Kampus erhebt das Wort am Klimastreik. Bild: zvg
Offizieller Startschuss war der 21. Dezember. Zusammen mit vielen anderen stand Kampus auf der Strasse, hielt Transparente hoch und machte auf den Klimawandel aufmerksam. «Vier Tage davor haben wir uns in den verschiedenen WhatsApp-Chats abgesprochen, Medienmitteilungen verschickt und die Leute in den verschiedenen Städten informiert», so der Schüler. Am Streik kurz vor Weihnachten waren laut Kampus mehr als 4’000 Leute beteiligt.
Alles läuft über WhatsApp: Demos organisieren, Flyer verschicken, Medienanfragen beantworten. Bild: EPA/EFE
Am 30. Dezember trafen sich in der Berner Reitschule über 140 Schüler aus der ganzen Schweiz, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Ziel des Tages: Dem ganzen mehr Struktur verleihen, weitere Streiks organisieren, klare Forderungen formulieren. Kampus spricht begeistert vom Treffen in Bern. Die ganzen Diskussionen seien basisdemokratisch und konsensorientiert abgelaufen. «Wir haben beispielsweise weitere Streiktermine festgelegt. Wir Deutschschweizer hätten gerne am 10. Januar erneut gestreikt, doch das ging den Romands nicht. Also haben wir uns auf den 18. Januar geeinigt», so Kampus.
«Make your planet great again.» Bild: EPA/EPA
Das meiste läuft über Whatsapp oder Facebook. Der Kontakt mit streikenden Schülern geht zudem über die Landesgrenzen hinaus. Laut Kampus sei man unter anderem auch mit Schülern aus Belgien oder Deutschland in regem Kontakt.
Bis 2030 sollen die Treibhausgasemissionen der Schweiz auf netto null stabilisiert werden – das sind die Forderungen der Klimajugend. Bild: EPA/EPA
Einen Anführer gebe es nicht, sagt Jonas Kampus. «Niemand hat die absolute Übersicht oder alle Fäden in der Hand.» Aber genau das mache den Erfolg der Streiks aus. Natürlich sei das zuweilen sehr chaotisch, aber jeder könne so frei mitmachen und seine eigenen Ideen einbringen. «Einige übernehmen die Pressearbeit, andere schreiben Lieder und wieder andere drehen Videos», so der Wetziker Gymi-Schüler.
Die Schüler wollen, dass in der Schweiz der nationale Klimanotstand ausgerufen wird. Bis 2030 sollen die Treibhausgasemissionen der Schweiz auf netto null stabilisiert werden. Und das ohne Kompensation im Ausland. Verhandeln will die Bewegung nicht, die Forderungen sind klar. So heisst es auf der Website der Klimastreiker klar: «Wir verstehen uns als Druck- und nicht als Kompromissbewegung. Wir platzieren uns klar ausserhalb der institutionellen Politik.»
Derzeit mobilisieren die Schüler für den 2. Februar. Dann soll der nächste grosse nationale Streik stattfinden. Dieses Mal werden aber nicht nur Schüler dazu aufgerufen, sondern die gesamte Schweizer Bevölkerung. Laut Kampus wurden Parteien und Interessenverbände angeschrieben und aufgerufen, am Streik teilzunehmen. Danach geht es weiter. Für den 15. März ist ein globaler Streik in über 40 verschiedenen Ländern geplant.
Daniel Graf unterstützt als Kommunikationsstratege und Berater Organisationen, Parteien und Verbände. Bild: siggi bucher
Mike S. Schäfer, Kommunikationsforscher am Institut für Kommunikation- und Medienwissenschaften in Zürich. bild: ikmz
Video: watson/Chantal Stäubli, Emily Engkent