Egal wo du bist: Kühe triffst du eigentlich fast überall an. Bild: Ralf Meile
Die Schweiz erlebt seit Beginn der Coronakrise einen Veloboom. Weil fast immer schönes Wetter war und man nicht ins Ausland durfte, entdeckten viele die Schweiz und das Velo neu. Und wollen sich auch künftig öfter auf zwei Rädern bewegen. Ich habe meine Fotoalben durchgeblättert und stelle schöne Ecken unseres Landes vor, die du vielleicht noch nicht alle kennst.
Während die Bauern über zu trockene Felder klagen, waren Velofahrer in den vergangenen Wochen im Hoch. Seit März schien gefühlt fast täglich die Sonne. Da ist es verschmerzbar, dass es nun einige Tage lang nass ist. Nutzen wir die Zeit, um nächste Touren zu planen!
Egal ob du Rennvelo fährst, ein Mountainbike oder ein E-Bike besitzt – Hauptsache, du gehst raus und hast Freude daran!
grafik: watson/lea senn
Bild: Ralf Meile
Getreu dem Motto «Think Big» gleich ein Knaller zum Beginn. Die Befahrung der Grossen Scheidegg ist für Autos und Töffs nicht durchgängig erlaubt, was für uns ein Segen ist. Genau wie das Flachstück vor Rosenlaui, das uns Gelegenheit zur Erholung gibt. Wer nicht gut im Schuss ist, für den ist ein E-Bike sicher nicht verkehrt. Von Meiringen über die Grosse Scheidegg nach Interlaken, entweder dem Brienzersee entlang zurück nach Meiringen oder dem Thunersee entlang nach Thun. Die Nordseite beider Seen bietet aussichtsreiches Auf und Ab, die Südseite des Brienzersees ist nicht durchgehend geteert, aber fahrbar, wer den Kiesweg riskiert und die Giessbachfälle besuchen will.
Bild: Ralf Meile
Hinauf zum Lago di Lei geht der Blick hinunter nach Cröt, Juf ist am Ende des V-förmigen Taleinschnitts. Bild: Ralf Meile
Auf 2126 m ü. M. liegt im Kanton Graubünden die höchste Siedlung in der Schweiz, die ganzjährig bewohnt ist. Weil die – hervorragend ausgebaute – Strasse nach Juf eine Sackgasse ist, hält sich der Verkehr in Grenzen.
Ein guter Startpunkt ist Thusis, dann steht zunächst die Viamala-Schlucht auf dem Programm. Wer das und vor allem die Tunnels auslassen will, dem bietet sich auch Andeer an, der Ausgangspunkt eines Velorennens hinauf nach Juf. Wer will, kann unterwegs auch zum Lago di Lei fahren, einer Kuriosität: Nach einem Tunnel steht man auf einer Staumauer, diese ist Schweizer Territorium, alles andere rundherum ist Italien. Und noch ein Tipp: Einmal bog ich in Avers-Cröt ins Val Madris ab und fuhr soweit, bis es nicht mehr weiterging. Dieses Foto war dann lange mein Bildschirmhintergrund:
Bild: Ralf Meile
Das Panorama vom Sighignola, rechts Lugano. Unsere Tour führt uns auf der Seite links vom Seedamm dem Ufer entlang. bild: ralf meile
Der See kann umrundet werden – aber leider nicht permanent dem Ufer entlang. Auf der Seeseite nördlich des Damms von Melide müsste man (auf italienischem Gebiet) über einen beachtlichen Berg. Da wäre dann der Abstecher zum Sighignola mit seinem wirklich unschlagbaren Panorama nahe.
Doch für einmal begnügen wir uns mit einem gemütlichen Ausflug, immer schön dem See entlang. Von Melide umrunden wir im Uhrzeigersinn, teils in Italien, die Arme der südlichen Seehälfte (im Bild oben: links vom Seedamm). Der Verkehr ist üblicherweise nur zwischen Ponte Tresa und Agno etwas stärker. Nach 50 Kilometern können wir in Melide ein Gelati essen oder ins Swiss Miniature.
Der Blick hinüber auf das malerische Morcote. bild: ralf meile
Bild: Ralf Meile
Vorsicht, auf dieser Tour bist du abseits asphaltierter Strassen unterwegs! Unlängst habe ich die als Mountainbike-Route signalisierte «Hummel-Tour» unter die Räder genommen. Was soll ich sagen? Die Aussicht hinunter auf den Sihlsee – und bei guter Sicht noch viel weiter – war jeden Tritt der steilen Auffahrt wert.
Kaum die klassische Nord-Süd-Verbindung ins Emmental – aber dafür wunderschön. Denn wenn Velofahrer zwei Sachen besonders lieben, dann Ruhe und eine schöne Aussicht. Die Passhöhe der Fritzenfluh markiert ein kurzer Tunnel, durch den man perfekt auf einen Hügel mit einem einzelnen Baum sieht – Bilderbuch-Emmental. Hinunter nach Wasen und wieder hoch zur Lüderenalp, einem in der Region bekannten Ausflugspunkt. Die Abfahrt hinunter nach Langnau ist ein Genuss.
Bild: KEYSTONE
Der Säntis (links) und die Churfirsten von Tufertschwil her … Bild: Ralf Meile
Wer von Wil nach Wildhaus nicht im Tal fahren will, hat durchaus Alternativen. Zunächst fahren wir auf der linken Talseite über Jonschwil nach Lütisburg, von dort steil hinauf nach Tufertschwil und Winzenberg, wieder hinunter nach Nassen, Ganterschwil und Bütschwil. Bei Wattwil wechseln wir die Talseite und fahren auf der markierten Velo-Route an Ebnat-Kappel vorbei bis Nesslau. Dort können wir über die Laad nach Stein und entlang der ganz jungen Thur, die hier erst ein besserer Bach ist, nach Alt St.Johann.
Wer eine bombastische Aussicht auf die Churfirsten haben will, fährt bei der Kirche steil nach oben, um nach schweisstreibender Fahrt in Unterwasser wieder ins Tal zu gelangen. Auch hier kann die Hauptstrasse – nun wieder auf der anderen Talseite – umfahren werden, via Schwendiseen geht es nach Wildhaus. Dort, in der Seebadi Schönenbodensee ist jede Abkühlung und jede Glacé hoch verdient, nach 84 km mit 1650 Höhenmetern (16 km und 250 Hm lassen sich einsparen, wenn man von Lütisburg direkt nach Ganterschwil fährt).
… und oberhalb von Alt St.Johann. Bild: Ralf Meile
Es ist schon ein paar Jahre her, seit ich da durchgefahren bin. Aber die beeindruckende Schlucht habe ich noch in guter Erinnerung. Wir kommen aus südlicher Richtung, fahren durch die wunderbaren Hügel des Jura – und sehen in Bellelay, woher der Tête de Moine kommt, der «Mönchs-Käse». Ist die Gorges du Pichoux durchfahren, empfiehlt sich das herzige Städtchen Saint-Ursanne als weiteres Ziel.
Das mittelalterliche Saint-Ursanne. Bild: KEYSTONE
Bild: Ralf Meile
Alleine der Name klingt besonders – und der Ort ist es auch. Vor Jahrhunderten siedelten sich in der totalen Abgeschiedenheit Walser an, die kleine Kirche stammt angeblich aus dem Jahr 1312. Von Bad Ragaz geht es zunächst durch das Taminatal bis nach Vättis. Der Weg führt hinauf zum Gigerwaldsee und diesem entlang bis nach St.Martin. Auf diesem letzten Streckenteil fährt man durch Tunnels, die in den nackten Fels geschlagen wurden – ein Erlebnis. Auf dem Rückweg kannst du nach dem Mapraggsee die Talseite wechseln, um beide Seiten des Taminatals zu befahren.
Vorsicht: Die Strasse dem Gigerwaldsee entlang ist eine Einbahn. Gerade die Tunnels sind so schmal, dass sich auch Velofahrer daran halten müssen. Am besten alle Autos, die da sind, vorfahren lassen, noch kurz abwarten und dann die Strasse für sich geniessen.
Bild: Ralf Meile
Postkarten-Schweiz: Der Blick vom Pilatus auf den Vierwaldstättersee und den Bürgenstock (Bildmitte). bild: shutterstock/Aleh Alisevich
Klar, man kann bequem mit Schiff und Standseilbahn auf den Aussichtsberg bei Luzern. Aber man kann ihn auch in eine Rundtour um den Vierwaldstättersee einbauen, denn die Fahrt auf den Bürgenstock lässt Pässefeeling aufkommen. Von Luzern geht's Richtung Hergiswil und bei Stansstad hinauf. Die noblen Besucher des Luxusresorts rümpfen bei Velofahrern auf der Terrasse vielleicht die Nase – jänu, wir geniessen das Panorama trotzdem. Auf der anderen Seite hinunter nach Buochs und bei Beckenried mit der Autofähre hinüber nach Gersau. Von da nach Weggis ist es wunderschön. Über Küssnacht und Meggen kehren wir nach Luzern zurück.
Für einmal ist eine Autofähre unsere Strasse. bild: ralf meile
Bild: KEYSTONE
Viele Wege führen nach Rom – und blickt man auf die Landkarte, scheinen ebenso viele Wege hinauf nach Crans-Montana zu führen. Man kann aber auch erst oben aufs Velo sitzen und die kurze, ausgeschilderte Panorama-Route nach Aminona und zurück drehen. Verkehrt ist das bei dieser prächtigen Aussicht hinüber zum Matterhorn ganz sicher nicht.
Welche schönen Ecken des Landes warten darauf, entdeckt zu werden? Wir sind gespannt auf deine Perlen!
PS: Liebe Töff- und Cabriofahrer, liebe Wutbürger, bitte tragt euren Kleinkrieg gegen Velofahrer in anderen Kommentarspalten oder lieber gar nicht aus, er ist überflüssig. Danke!